Schaustelle Tübingen
Gerade langfristig angelegte Strategien, Entwicklungs- und Umbaukonzepte bedürfen einer abgestimmten und ausgewogenen Beteiligungsstruktur, die nicht nur möglichste viele und vor allem unterschiedliche Akteure einbindet, sondern auch offenen Raum für Diskurs ermöglicht. Dennoch ist für viele Menschen Stadtplanung etwas Abstraktes, dass erst real wird, wenn Bagger rollen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Projekte jedoch in der Regel nicht mehr oder nur noch gering verhandelbar. Auch wenn sich die Projektverantwortlichen bemühen, ist die Erreichbarkeit klassischer Beteiligungs- und Informationsformate eher gering. Viele Menschen lesen keine Zeitungen, wissen nicht oder können aufgrund fehlender Zugänge nicht wissen, was die lokale Politik verhandelt. Manche Gruppen, vor allem Familien oder migrantisch geprägte Bevölkerungsteile haben keine Zeit für aufwendige Beteiligungsformate oder gar keinen Zugang zu öffentlichen Planungsprozessen.
Es kommt also darauf an, möglichst frühzeitig, umfassend und möglichst lange offen zu beteiligen, auf die Bürgerschaft zuzugehen, Netzwerke zu aktivieren, zielgruppenorientiert die Themen zu verhandeln und die Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld anzusprechen.
Auf den Umbau des Europaplatzes als größtes innerstädtisches Entwicklungsprojekt der Universitätsstadt Tübingen, über den seit Jahrzehnten öffentlich verhandelt wurde und der seit 2017 realisiert wird, traf diese Ausgangssituation zu. Zwar war die bisherige stadträumliche und nutzungsspezifische Situation mangeldhaft und höchst unbefriedigend, dennoch gab es zum Wie viele verschiedene und teils konträre Auffassungen.
Mit der Partizipationsstrategie wurden Zielgruppen lokalisiert, diese mit unterschiedlichen Formaten (von informativ bis diskursiv) angesprochen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse stetig und nachprüfbar zusammengeführt. Neben spezifischen Formaten für junge Menschen, Radfahrende, Naturschutzaktivist:innen, dem Arbeitskreis Barrierefreiheit und den an das Areal angrenzenden Schulen gab es öffentliche Planungswerkstätten, die teilweise auch digital durchgeführt wurden. Seit 2018 wird das Projekt durch eine Planungsbegleitgruppe begleitet, die die Planenden und die Bauverwaltung berät.
Sichtbarer Ort der Planungskultur ist die SCHAUSTELLE, eine Projekt- und Planungsinformationsstelle direkt am Ort des Geschehens, die mit dem Fortschreiten der Baustelle mitwandert und sich wandelt. Dem vorhandene Ort wurde mit Farbe und einigen wenigen, weiderkehrenden und wiederverwendbaren Materialien ein neues Gesicht gegeben, welches mittlerweile ein beliebter Aufenthaltsort ist. Ergänzt durch Tafeln mit Projektinformationen ist eine STELLE zum SCHAUEN entstanden.
Projektumfang: Idee, Strategie, Konzept, Projektleitung
Auftraggeberin: Universitätsstadt Tübingen
Laufzeit: seit 2017
Projektbeteiligte: Dr. Katrin Korth als Stabsstelle beim Baubürgermeister Europaplatz mit den mit den Planungsbüros und Partnern: umschichten